„Nicht weg von, sondern hin zu“ - Gedanken zur Fastenzeit

Fasten bedeutet, bewusst verzichten. Im Alten Testament gehörte das Fasten fest zum Lebensrhythmus. Es gab regelmäßig Fastentage, um sich der eigenen Fehler bewusst zu werden, sich selbst in Frage zu stellen und sein Leben zu korrigieren, um es auf Gott hin zu leben. 

Rituale begleiteten das Fasten: Menschen bewarfen sich mit Staub oder Asche, Kleidung wurde zerrissen, sie schoren sich das Haar oder kasteiten sich. Alles in der Öffentlichkeit. Die Anderen sollten ruhig hören und sehen, dass man fastet. Die Propheten kritisierten dieses Fasten, weil es bei manchem wohl nur noch hohler Schein war. 

Und das ist vielleicht die Gefahr, die hinter jedem Ritual steckt. 

Zuhause beten wir zum Mittagessen immer das gleiche Gebet. Manchmal höre ich mich und frage mich still: „Bin ich mit dem Herzen dabei?“ 

Die Reformierten noch viel stärker als die Lutheraner haben das Fasten deshalb aufs Korn genommen. Aus ihrer Sicht verfehlte das Fasten sein ursprüngliches Ziel.  Im März 1522 kam es zu einem bis heute legendären Protest gegen dieses Fasten. In Zürich traf sich im Beisein des Schweizer Reformators Zwingli eine Gruppe zu einem Wurstessen in der Fastenzeit, das zu einer Gerichtsverhandlung führte. Diese endete in der Erkenntnis, die bis heute gilt: Gottes Liebe kann man sich nicht mit Fasten verdienen.

Na, wie steht es heute mit dem Fasten für Sie und mich? Wollen Sie fasten, und wenn ja, was und warum? 

Für mich geht es in dieser Fastenzeit nicht um „ein weg von, sondern hin zu“.

Die Bibel beschreibt es so: „Du aber, wenn du betest, geh in deine Kammer, schließ die Tür zu; dann bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist!“  

Ich will durch diese Fastenzeit bewusst mit alten und neuen Liedern, Geschichten und Gebeten gehen, die von Gott erzählen, mich berühren, vielleicht wieder etwas Neues in mir zum Klingen bringen. Ich nehme mir Zeit für diese Begegnung. AMEN

Ihre Dekanin Christiane Murner